sehr geehrte Damen und Herren,
das Jahr 2016 neigt sich dem Ende zu. Es ist Zeit, Bilanz zu ziehen. Die Welt, in der wir leben, scheint aus den Fugen geraten zu sein. Unsicherheit, Frustration, Hoffnungslosigkeit, Ängste und Gewalt greifen um sich. Viele Menschen suchen in dieser Situation nach einfachen Antworten auf immer komplizierter werdende Fragen, suchen nach Halt in einer globalisierten Welt, in der sie keinen Platz mehr für sich und ihre alltäglichen Probleme zu finden glauben. Unsere Welt ist 2016 nicht friedlicher, nicht gerechter, nicht besser geworden. Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Krieg, Hunger, Terror und Armut. Zehntausende Flüchtlinge haben Zuflucht in unserem Land gefunden und sind mit offenen Armen empfangen worden, erleben aber auch Herzlosigkeit, Hass und Gewalt.
Viele von uns bewegt die bange Frage, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird – mit den vielen Konfliktherden auf der Welt, mit dem neuen amerikanischen Präsidenten, mit einem möglichen neuerlichen Rechtsruck in vielen europäischen Ländern und nach den Bundestagswahlen 2017 in unserem Land. Am Ende eines Jahres schauen wir selbstverständlich auch zurück auf das, was wir in diesem Jahr im Institut geleistet haben. Ich hoffe, Sie stimmen mir zu: 2016 war ein Jahr mit interessanten Veranstaltungen und wichtigen Begegnungen. Im Januar hat Frau Dr. Anne Barnert über „Filme für die Zukunft“ gesprochen, eine staatliche Filmdokumentation, die im Filmarchiv der DDR verwahrt wird, um späteren Generationen zu zeigen, wie die DDR war. Der ehemalige Generalsuperintendent von Cottbus, Dr. Rolf Wischnath, war zweimal gern gesehener Gast in unserem Institut. Gern erinnern wir uns an seinen selbstkritischen, nachdenklichen Vortrag über das Verhältnis der westdeutschen Linken zur DDR. Zusammen mit dem ehemaligen Stadtjugendpfarrer Wolfram Hülsemann diskutierte er bei seinem zweiten Auftritt über die kontroversen Debatten um die Friedensfrage als Bekenntnisfrage in den 1980er Jahren
Frau Prof. Dr. Claudia Lepp (München) stellte uns ihre neueste Publikation über die West-Ost-Übersiedlung im kirchlichen Bereich vor dem Mauerbau vor, ein Thema, das in der Wissenschaft bislang kaum beachtet wurde. Für viele ungewohnt war sicher der Vortrag von Christian Radeke, der mit uns am Beispiel des Brandenburger Doms über Haltung und Gestik der Theologen im Kirchenraum nachdachte.
Höhepunkte unserer Veranstaltungstätigkeit waren die Verleihung des Horst-Dähn-Preises 2016 im Evangelischen Kirchenforum in Berlin-Mitte und die hochkarätige Thomas-Müntzer-Tagung im Alten Rathaus von Wittenberg.
Die Ausstellungseröffnung „Weites Land“ mit Arbeiten von Klaus-Jürgen Wittig und die Institutsexkursion zu den drei Perlen Thüringens, Gotha, Erfurt und Weimar, gehören sicher zu den bleibenden Erlebnissen für alle, die daran teilgenommen haben.
Nicht zuletzt möchte ich erwähnen, dass wir mehrfach von verschiedener Seite angefragt und um wissenschaftliche Beratung gebeten worden sind. Dabei ging es thematisch vor allem um die Lutherehrungen 1983 in der DDR, um das Spitzengespräch Honecker/Schönherr am 6. März 1978 sowie um Fragen des Atheismus in der DDR.
Für mich persönlich hatte das Jahr 2016 zwei Gesichter. Viel habe ich verloren, eine trübe Linse links, eine Linse rechts, einen Gallenstein und die Gallenblase. Wäre ich Seemann, so könnte ich sagen, ich habe Ballast abgeworfen, um Fahrt zu den nächsten Zielen aufzunehmen. Ich habe 2016 aber auch viel gewonnen. Die Verleihung des Horst-Dähn-Preises war für mich eine große Freude und Anerkennung für meine Arbeit in den 23 Jahren der Existenz unseres Instituts. Aus Anlass meines 70. Geburtstages habe ich zudem viel Zuneigung und Dankbarkeit erfahren, was mich sehr gefreut und berührt hat. An dieser Stelle möchte ich allen von Herzen danken, die an mich gedacht und mir Glückwünsche und Geschenke überbracht haben.
Nun werden Sie sicher fragen, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird. Fest steht: Es wird weitergehen! Wir haben bereits interessante Veranstaltungen für 2017 geplant. Beginnen werden wir am 12. Januar um 14.30 Uhr im Evangelischen Kirchenforum Stadtmitte, Klosterstraße 66, mit einer Buchvorstellung, die so ganz anders ist, als die, die Sie schon erlebt haben. Dr. Ulrich Schröter wird das Buch, das zum 80. Geburtstag von Manfred Stolpe erschienen ist, auf unterhaltsame Weise präsentieren. Frau Rosemarie Cynkiewicz, Frau Dr. Christa Grengel und Karl-Heinrich Lütcke werden ihm dabei „assistieren“. Dr. Manfred Stolpe wird versuchen, dabei zu sein. Sie können sich auch schon jetzt den Termin für die Institutsexkursion 2017 notieren. Wir werden uns vom 11. bis 13. Juni anschauen, wie der Mensch zu verschiedenen Zeiten versucht hat, selbst zum Schöpfer der ihn umgebenden Natur zu werden. Dazu werden wir auf den Spuren von Fürst Pückler in Muskau und Branitz wandeln. Er war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, einer der größten europäischen Gartenkünstler, Dandy, Frauenheld und erfolgreicher Reiseschriftsteller. Auf unserem Reiseplan steht zudem ein Besuch im Lausitzer Seenland. Durch Flutung von früheren Tagebauen ist dort eine spektakuläre Wasserlandschaft mit mehr als 20 Seen entstanden. Übernachten werden wir in Cottbus. Vielleicht gelingt es uns, Karten für das Staatstheater Cottbus zu buchen.
Wir waren auch 2016 auf das ehrenamtliche Engagement, die Spendenbereitschaft, die guten Ideen vieler Mitglieder unseres Trägervereins und anderer Freunde unseres Instituts angewiesen. Dafür möchte ich mich auch im Namen des Vorstands unseres Trägervereins ganz herzlich bedanken und meine Hoffnung ausdrücken, dass ich/wir auch im neuen Jahr mit Ihrem Interesse und Ihrer Unterstützung rechnen können. Wir freuen uns über jedes neue Mitglied unseres Trägervereins, jede Spende, sei sie noch so klein, und jeden, der ehrenamtlich mitarbeiten will.
Rückschau zu halten, schließt auch ein, an die zu erinnern, die 2016 für immer von uns gegangen sind. Wir trauern um zwei Mitglieder unseres Trägervereins, den ehemaligen Generalsuperintendent von Ostberlin Dr. Günter Krusche und Pfarrer Günter Knecht. Beide Männer können unterschiedlicher kaum sein, der eine war von 1993 bis 2002 Vorsitzender unseres Trägervereins und der andere aufmerksamer Gast unserer Veranstaltungen, der gern mit seinen Einlassungen die Diskussion befeuert hat.
Liebe Freunde und Förderer unseres Instituts, sehr geehrte Damen und Herren, ich wünsche Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit und alles Gute für das neue Jahr. Helfen wir mit unseren Mitteln mit, dass es doch ein besseres wird, als viele befürchten. Seien Sie ganz herzlich gegrüßt, selbstverständlich auch von meiner Frau,
Ihr
Joachim Heise