liebe Freunde und Förderer des Instituts,
2017 - was war das für ein Jahr? Das fragt sich nicht nur "Die Zeit" in ihrer jüngsten Ausgabe, sondern das fragen sicher auch Sie sich, wenn Sie auf das zu Ende gehende Jahr zurückschauen.
Ein Blick auf unser Land, auf Europa und die Welt gibt Anlass zur Sorge. Vielen Menschen in unserem Land geht es gut. Und dennoch wachsen Angst vor der Zukunft, Rücksichtslosigkeit gegenüber unserem Nächsten, Feindschaft und Gewalt gegenüber Menschen, die arm dran sind, weil sie vor Krieg, Terror und Elend geflüchtet sind. Viele Menschen in Europa setzen sich für eine Stärkung des europäischen Gemeinschaftsgefühls ein. Und dennoch nehmen die Streitigkeiten zwischen den europäischen Ländern zu. Viele Menschen in der Welt engagieren sich für ein friedliches Zusammenleben der Völker, für die Beseitigung von Armut und Hunger, für den Schutz unserer natürlichen Umwelt. Und dennoch ist 2017 unsere Welt nicht friedlicher, nicht gerechter und nicht lebenswerter für alle geworden.
Auch wir im Institut schauen zurück auf ein Jahr, in dem wir gute Arbeit und einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der Kirchen, des Alltags von Christen und der Beziehungen zwischen Staat und Kirche in der DDR und anderen kommunistisch regierten Ländern leisten konnten. Traurig sind wir, dass engagierte Mitglieder und Freunde, die unsere Arbeit über Jahre begleitet und unterstützt haben, von uns gegangen sind. Wir werden Dr. Irina Modrow und Udo Semper nicht vergessen.
Ein Blick auf unsere Website (www.staat-kirche-forschung.de) genügt, um sich einen Überblick über unsere Arbeit im Jahr 2017 zu verschaffen.
Im letzten Jahr der Reformationsdekade haben wir uns speziell mit dem Gegenspieler Luthers, mit Thomas Müntzer beschäftigt und im März die neueste, umfänglichste und wohl bislang beste Müntzer-Biographie von Siegfried Bräuer und Günter Vogler im Institut vorgestellt. In Kooperation mit dem Haus der Geschichte in Wittenberg hatten wir bereits im November 2016 namhafte Müntzer-Forscher zu einer großen Tagung ins Alte Rathaus in Wittenberg zum Thema "So ich das sage, muss ich aufrührerisch sein. Thomas Müntzer – der andere Reformator" eingeladen. Bei dieser Gelegenheit konnten wir die vom Haus der Geschichte rekonstruierte Ausstellung über Thomas Müntzer zeigen, die 1989 im Burg- und Schlossmuseum Allstedt präsentiert worden war.
Mehrere Anfragen und Interview-Wünsche haben wir von den Medien (Rundfunk und Fernsehen) zu den Lutherehrungen 1983 in der DDR erhalten. Unsere drei Publikationen zum gleichen Thema (siehe Anlage) waren in diesem Jahr besonders gefragt.
Im Juli habe ich in der Klosterkirche in Neuruppin die Ausstellung zum fünfteiligen Fernsehfilm "Martin Luther" (Regie Kurt Veth) eröffnet, die wir gemeinsam mit dem Haus der Geschichte in Wittenberg erarbeitet und 2009 in Wittenberg das erste Mal präsentiert haben. Gesprächspartnerin in der Klosterkirche war die Dramaturgin des Luther-Films Dr. Heide Hess. Im Juli hatte ich die Gelegenheit, eine 40-köpfige Gruppe der "Arbeitsgemeinschaft Staat und Gesellschaft e.V." durch die Ausstellungen (Luther ´83, Müntzer ´89 und Atheismus in der DDR) im Barockhaus des Hauses der Geschichte zu führen. Anschließend ging es in Vortrag und Diskussion um die Geschichte der Kirchenpolitik der DDR.
Eröffnet haben wir das Veranstaltungsjahr im Januar 2017 mit der Buchlesung "Manfred Stolpe beraten & gestalten. Weggefährten erinnern sich". Es folgte im Februar ein Vortrag von Dr. Sebastian Holzbrecher (Uni Erfurt) über die Geschichte des Aktionskreises Halle zwischen Kirchenleitung und Staatssicherheit. Mit der jungen Doktorandin Eva Patzelt (Paris) haben wir unsere Reihe "Junge Wissenschaftler stellen sich vor" fortgesetzt. Sie hat bei der Veranstaltung erste Thesen zum Thema "Atheismus-Forschung in der DDR von den 1960er Jahren bis 1990" zur Diskussion gestellt.
Im Mai hatten wir Besuch aus Indien. Rev. John Fernandes sprach über seine Erfahrungen als indischer Theologe in veränderten Kontexten und gab einen Einblick in die religiöse Wirklichkeit Indiens.
Seit 2002 haben wir in jedem Jahr zu einer mehrtägigen Exkursion eingeladen. Auf unserer letzten Exkursion im Juni folgten 45 Teilnehmer den Spuren von Fürst Pückler in Bad Muskau und in Branitz und informierten sich über das neu entstehende Lausitzer Seenland. Ziel der Reise war es zu zeigen, wie der Mensch in die Natur eingreift, sie zerstört, aber auch immer wieder "verbessern" und schöner machen will, als sie uns gegeben ist.
Höhepunkt des Jahres war wie seit 2013 die Verleihung des Horst-Dähn-Preises. Für seine besonderen Leistungen bei der Aufarbeitung der jüngsten Geschichte, insbesondere der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, wurde im Oktober OKR Dr. Ulrich Schröter ausgezeichnet.
Mit einer großen internationalen Tagung am 6. und 7. Dezember zum Thema "Eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft. Freikirchliche Perspektiven auf das Verhältnis von Kirche und Staat" haben wir das Veranstaltungsjahr 2017 abgeschlossen. Ca. 70 Teilnehmer folgten den Referaten von namhaften Wissenschaftlern aus Deutschland, den USA, Großbritannien und Polen über die wechselvolle Geschichte der Freikirchen und ihr Verhältnis zum jeweiligen Staatswesen bzw. der sie umgebenden Gesellschaft. Möglich wurde diese Tagung durch eine großzügige Spende von Hans Modrow, der Kooperation mit der Theologischen Hochschule Elstal in Person von Prof. Dr. Martin Rothkegel und dem besonderen Engagement des Mitgliedes unseres Vorstands Pastor Reinhard Assmann.
Am Jahresende möchte ich allen danken, die mitgeholfen haben, unsere Arbeit auch 2017 erfolgreich weiterzuführen. Mein besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden unseres Trägervereins, Bischof a. D. Prof. Axel Noack, den anderen Mitgliedern des Vorstands Ute Grauerholz, Dr. Doris Ritschel, Dr. Gerburg Thunig-Nittner und Pastor Reinhard Assmann sowie den ehrenamtlich Tätigen unseres Instituts: Ilse Scholz, Dagmara Liepert, Yvonne Voigt, Sibylle Heise und Peter Schwanz.
Dank gebührt allen, die unsere Arbeit finanziell unterstützt haben, allen voran Dr. Rainer Opitz und Dr. Ursula Dähn.
Gestatten Sie mir noch einige wenige Bemerkungen zu unseren Vorhaben im nächsten Jahr. Unser Institut feiert 2018 seinen 25. Gründungstag. Wir arbeiten zurzeit noch an einem interessanten Veranstaltungsprogramm für dieses besondere Jahr und sind für Vorschläge und Anregungen sehr dankbar. Wir würden 2018 auch wieder gern mit Publikationen an die Öffentlichkeit treten. Dazu brauchen wir allerdings einen ehrenamtlichen Mitarbeiter (mit Aufwandsentschädigung), der uns beim Satz der Texte hilft. Wer also auf diesem Gebiet Erfahrungen hat und diese bei uns einbringen will, ist herzlich willkommen.
Nach unserem Aufruf, uns bei der Gestaltung unserer Website zu helfen, haben sich mehrere Bereitwillige gemeldet, denen wir sehr danken. Inzwischen hat
Matthias Thiel diese Aufgabe übernommen.
Diese Erfahrungen ermutigen mich, erneut um Ihre Mithilfe zu bitten. Frau Ilse Scholz hat in den zurückliegenden Jahren unsere Büroarbeiten übernommen. Nunmehr hat sie den Wunsch, aus Altersgründen diese Aufgabe abzugeben. Kurz und gut, wir suchen für unser kleines Team eine ehrenamtliche Bürokraft (mit Aufwandsentschädigung), die uns hilft, die anfallenden Büroarbeiten (Postverkehr, Versand der Einladungen, Buchverkauf u. ä.) zu erledigen. Bitte melden Sie sich, falls Sie dazu Lust und Zeit haben, bei uns.
Zum Schluss noch eine freudige Mitteilung. Am 1. Januar wird die "Ursula-und-Horst-Dähn-Stiftung" ihre Arbeit aufnehmen. Dr. Ursula Dähn, Ehefrau des 2012 verstorbenen Stuttgarter Politikwissenschaftlers, Mitgründers und langjährigen Leiters des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung, hat sich entschlossen, eine Stiftung ins Leben zu rufen und 250.000 € als Stiftungsvermögen bereitzustellen. Der Zweck der Ursula-und-Horst-Dähn-Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung zur Geschichte der christlichen Kirchen während des Kalten Krieges und der Teilung Deutschlands und Europas. Im Fokus stehen dabei besonders Forschungen zur Geschichte der Kirchen, des Alltags der Christen und der Beziehungen zwischen Staat und Kirche in der DDR und anderen kommunistisch regierten Ländern.
Sie wird auf entsprechenden Antrag Forschungs- und Publikationsvorhaben fördern, die sich mit der Geschichte der Kirchen in der Zeit des Kalten Krieges und der Spaltung Deutschlands und Europas beschäftigen. Finanziell gefördert werden Forschungsvorhaben, Publikationen, Ausstellungen, wissenschaftliche Kolloquien und andere öffentliche Veranstaltungen, vorzugsweise im Rahmen der Arbeit des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung.
Die neue Stiftung ist eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie darf Zustiftungen ohne Zweckbestimmung auf Grund einer Verfügung von Todes wegen dem Stiftungsvermögen zuführen. Das Stiftungsvermögen wird planmäßig in 25 Jahren verbraucht.
Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist Dr. Joachim Heise, Leiter des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung, sein Stellvertreter ist Dr. Wolfgang Krogel, Leiter des Landeskirchlichen Archivs der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Die Funktion der Schatzmeisterin/ Schriftführerin übt Frau Dr. Ursula Dähn aus. Bei Auflösung oder Aufhebung der Stiftung oder Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen an die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und darf von dieser ausschließlich für die Förderung von Forschungen auf dem Gebiet der Kirchengeschichte verwendet werden.
Anträge auf Bereitstellung von Fördermitteln können ab 1. Januar 2018 an die Ursula-und-Horst-Dähn-Stiftung, z. H. Dr. Joachim Heise, 10997 Berlin, Bethaniendamm 25 (Tel. 030/22496821) gestellt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Förderer unseres Instituts, Sie sehen, wir haben 2017 viel geschafft und nehmen uns für 2018 viel vor. Seien Sie herzlich eingeladen, in welcher Form auch immer bei uns mitzutun.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein schönes Weihnachtsfest und uns allen ein gutes neues Jahr.
Ihr
Joachim Heise